Erfüllt zur ganzen Fülle Gottes

Zusammenfassung:

Das Gebet des Paulus in Epheser 3 umfasst drei zentrale Bitten, die sich in ihrer Tiefe immer weiter steigern. Zuerst bittet er um die Stärkung des inneren Menschen – eine tägliche Erneuerung durch die Kraft des Heiligen Geistes. Danach folgt die Bitte, die Liebe Christi in ihrer ganzen Breite, Länge, Höhe und Tiefe zu begreifen – eine Liebe, die jedes menschliche Verstehen übersteigt. Schließlich betet er, dass die Gläubigen mit der ganzen Fülle Gottes erfüllt werden und seine Gegenwart sichtbar in ihnen wohnt. So betet Paulus Schritt für Schritt dafür, dass du eine immer tiefere und lebendige Gemeinschaft mit Gott hast.

Unterschiedliche Formen des Atheismus

Ich möchte dich heute mit einer Frage in unser Thema hineinnehmen:  Was ist ein Atheist? Ein Atheist ist jemand, der die Existenz Gottes ablehnt – jemand, der sagt: „Es gibt keinen Gott.“  Welchen Sinn hätte es, wenn ein Atheist einen Gottesdienst besucht? Aber wenn diese Beschreibung auf dich zutrifft, dann möchte ich dir sagen: Du bist genau richtig hier.

Es gibt jedoch noch weitere Formen des Atheismus – und ich finde es wichtig, darüber zu sprechen. Vielleicht erkennst du dich in einer davon wieder.

Da sind zum Beispiel die „praktischen Atheisten”: Menschen, die mit dem Verstand durchaus glauben, dass es einen Gott gibt – aber ihr Leben sieht ganz anders aus. Sie glauben vielleicht – aber sie leben diesen Glauben nicht. Vielleicht gehörst du auch in bestimmten Lebensbereichen zu diesen Menschen. Ich glaube, wir alle stehen in der Gefahr, Gott in manchen Fragen unseres Lebens auszuschließen.

Dann gibt es noch eine andere Gruppe – ich nenne sie einmal „emotionale Atheisten“. Vielleicht ist das nicht der perfekte Begriff, aber er beschreibt eine Haltung, die innerlich sehr gefährlich sein kann. Es sind Menschen, die an Gott glauben. Vielleicht gehörst du dazu. Du glaubst an ihn. Du bemühst dich, nach seinen Wegen zu leben. Und doch: Du erlebst Gott nicht. Du weißt nicht, wie sich die Vaterliebe Gottes wirklich anfühlt. Du weißt nicht, was es bedeutet, wenn Christus in deinem Herzen wohnt.

Bist du ein “emotionaler” Atheist? Du hast vielleicht in den letzten Wochen die Worte des Paulus gehört – all das, was er im Epheserbrief an Schönheit über Gottes Gnade in Christus beschreibt. Du hast es gehört, vielleicht gesagt: „Ja, das glaube ich.“ Aber weißt du, wie es sich anfühlt? Hast du geschmeckt, wie es der Psalmist ausdrückt:

„Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist“ (Psalm 34,9)

Genau hier liegt die Gefahr: Dass wir mit dem Kopf glauben, aber unser Herz nicht ergriffen ist.

Wenn Wissen nicht reicht: Ein Gebet für dein Herz

Deshalb betet Paulus in Epheser 3,14–21 – für die Gemeinde in Ephesus und auch für dich:

14 Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater unseres Herrn Jesus Christus, 15 von dem jede Familie in den Himmeln und auf der Erde benannt wird, 16 damit er euch gebe, nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit mit Kraft gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inneren Menschen; 17 dass der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne, indem ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid, 18 damit ihr völlig zu erfassen vermögt mit allen Heiligen, was die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei, 19 und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, damit ihr erfüllt sein mögt zu der ganzen Fülle Gottes. 20 Dem aber, der über alles hinaus zu tun vermag, über die Maßen mehr, als was wir erbitten oder erdenken, nach der Kraft, die in uns wirkt, 21 ihm sei die Herrlichkeit in der Versammlung in Christus Jesus auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen.

In diesen Abschnitt merkt man, wie die Bitte des Paulus immer größer wird. Nachdem er zuvor die Wahrheit des Evangeliums in all ihrer Schönheit beschrieben hat, lehnt er sich nicht zurück und sagt sich: „Das habe ich gut gemacht.“ Nein, er betet, weil es nicht genug ist, das Evangelium nur zu hören. Du sollst es erleben, du sollst es ergreifen, es besitzen.

Paulus weiß genau, zu wem er betet – zum Vater unseres Herrn Jesus Christus, dem Vater der ganzen Familie Gottes. Er bringt in seinem Gebet keine neuen Gedanken ein. Alles, was er jetzt betet, hat er bereits in Kapitel 1 und 2 erklärt. Wir sind als Gemeinde eine Wohnung Gottes im Geist – das haben wir vorher schon gesehen. Und Paulus geht auf die Knie, weil er sich wünscht, dass du verstehst, was das wirklich bedeutet.

Er selbst war von dieser Wahrheit tief ergriffen. Im Galaterbrief schreibt Paulus von dem Christus,

„der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Galater 2,20).

Er kannte den Geschmack dieser Liebe, die ihm durch das Evangelium begegnet ist. Und sein Herz schlägt dafür, dass auch du das verstehst, begreifst – dass du es schmecken kannst. Paulus will nicht, dass du ein „emotionaler Atheist“ bleibst.

Drei große Bitten des Paulus

In seinem Gebet für die Christen in Ephesus bittet Paulus um drei Dinge.

Im griechischen Urtext werden diese drei Bitten jeweils durch das Wort ”hina” eingeleitet, das mit „damit“ übersetzt werden kann. Zwar unterscheiden sich manche Übersetzungen im Wortlaut, doch das Wort hina erscheint im Griechischen dreimal.

  1. Damit ihr mit Kraft gestärkt werdet (Epheser 3,16).
  2. Damit du fähig wirst, die Liebe Christi in all ihren Dimension zu erfassen (Epheser 3,18).
  3. Damit ihr erfüllt sein mögt zur ganzen Fülle Gottes (Epheser 3,19).

Warum du täglich Gottes Kraft brauchst

Diese erste Bitte – um Kraft – beginnt in Vers 16. Warum bittet Paulus darum? Weil wir in uns selbst keine Kraft haben. Diese Kraft muss von außen kommen, präziser: von oben, durch den Heiligen Geist.

Im ersten Kapitel spricht Paulus bereits von

„der überschwänglichen Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden“ (Epheser 1,19)

Diese Kraft hat dich lebendig gemacht, als du tot warst in deinen Sünden – das ist Auferstehungskraft. Aber diese Kraft ist nicht nur für den Beginn deines Glaubenslebens da. Du brauchst sie jeden Tag neu – heute, morgen und an jedem weiteren Tag.

„Darum werden wir nicht müde; sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert“ (2. Korinther 4,16).

Genau das tut der Geist Gottes: Er stärkt deinen inneren Menschen. Wie geschieht das? Ich sehe besonders zwei Wege:

  1. Der Geist macht dir deine Beziehung zum Vater klar. Er ruft in dir: „Abba, Vater“ (Galater 4,6; Römer 8,15). Und du rufst mit Überzeugung zurück: Abba, Vater! Es ist eine tiefe, innere Gewissheit, dass du ein Kind Gottes bist.
  2. Christus wird durch den Geist in deinem Herzen groß gemacht. Lies Johannes 14–16. Dort sagt Jesus: „Wo der Geist ist, dort werde ich verherrlicht.“ Er geht – aber der Geist kommt – und durch ihn ist Jesus bei dir. Das ist echte, erlebte Stärkung des inneren Menschen: eine Verbindung zur Quelle des Lebens – zu Gott selbst.

Diese Kraft ist nicht theoretisch – du kannst sie spüren. Sie zeigt sich in Momenten der Schwachheit, wenn du denkst: „Wie soll ich das aushalten?“ Und plötzlich steigt ein Gedanke in dir auf – über die nie endende Vaterliebe Gottes. Du bekommst einen unverhüllten Blick auf das Kreuz und erkennst wieder die Liebe Christi.

Diese Kraft kommt vom Vater durch den Geist – und nur mit ihr kannst du siegreich sein über alles Irdische, über jede Schwierigkeit.

Und diese Kraft gibt er dir nicht spärlich. Nein – er gibt sie „nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit“ (vgl. Epheser 3,16). Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob jemand aus seinem Reichtum gibt oder nach dem Maß seines Reichtums.

Um das zu verstehen, stellt euch einen Multimilliardär vor. Sein Kind ist hoch verschuldet – finanziell völlig am Ende. Nun kommt dieser Vater und gibt seinem Kind 2.000 €. Was würden wir denken? Er hat aus seinem Reichtum gegeben. Aber das steht in keiner Weise im Verhältnis zu seinem Reichtum.

Das Wort, das hier im biblischen Text verwendet wird – „nach dem Reichtum“ –, bedeutet, dass Gott in Übereinstimmung mit seinem Reichtum gibt. Also entsprechend seiner unermesslichen Fülle. Weil unser Vater im Himmel unendlich reich ist, gibt er auch unendlich viel.

Ohne diese tägliche Kraft wären viele von uns wie Elia, der erschöpft unter dem Dornstrauch lag. Aber was tat Gott? Er sandte einen Engel, der ihm Brot und Wasser brachte – Brot des Lebens, Wasser des Lebens, das nur einer geben kann. Jesus möchte, dass wir uns an ihm ernähren, dass unser Inneres gestärkt wird, damit wir dann laufen können, so wie Elia 40 Tage durch die Wüste lief.

Nicht nur ein Gast: Christus als Herr in deinem Herzen

Und dann geht es aber noch weiter. Die erste Bitte ist nochmal untergliedert, in Vers 17 finden wir einen zweiten Teil:

Ich bete dafür, dass Christus durch den Glauben in deinem Herzen wohnt (Epheser 3,17).

Warum betet Paulus denn dafür? Ist es nicht selbstverständlich, dass Christus in deinem Herzen wohnt, wenn du zu ihm gehörst? Ja, das ist richtig –

„Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht“ (1. Johannes 5,12).

Trotzdem betet Paulus dafür, dass der Christus in ihren Herzen wohne durch Glauben. Wir haben letztes Mal schon gehört, dass dieses Wort für Wohnen hier ein sehr starkes Wort ist. Es bedeutet nicht nur ein kurzes Verweilen, sondern dass Christus dein Herz vollständig in Besitz nimmt. Dass er beständig in dir wohnt – nicht nur als ein Gast, sondern als Herr deines Lebens.

Paulus betet hier also dafür, dass wir durch den durch den Geist und durch den Glauben diese kraftvolle Gegenwart des Christus mehr und mehr erleben. Dass wir geheiligt werden mehr und mehr. Dass wir Christus ähnlicher werden, mehr und mehr. Die Folge davon? Du ordnest dich seiner Herrschaft unter. Du erlebst seine Nähe intensiver. Und du genießt seine Liebe bewusster – eine Liebe, die alles verändert. So wirst du, wie es am Ende von Vers 17 heißt, „in Liebe gewurzelt und gegründet“. Du stehst dann fest auf einem sicheren Fundament – dem Fundament der Liebe deines Vaters.

Diese Liebe ist kein abstraktes Konzept. Sie ist

„ausgegossen in dein Herz durch den Heiligen Geist“ (vgl. Römer 5,5).

Sie kann so greifbar werden, dass du sie förmlich schmecken kannst –

„Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist“ (Psalm 34,9).

Aber frage dich selbst: Bittest du wirklich darum, dass Christus so in deinem Herzen wohnt? Bittest du darum, dass er nicht nur anwesend ist, sondern herrscht? Bist du bereit, dich ihm zu unterordnen? Bist du bereit, Schritte zu gehen, die Heiligung bedeuten? Dinge loszulassen, die nicht in ein Leben mit Christus passen?

Lass uns mehr darum bitten. So wie Paulus es tat – um diese innere Stärke, um dieses tiefe, verwurzelte Leben in der Liebe Christi.

Wenn Christus in dir wohnt: Die vier Dimensionen der Liebe Christi

In Vers 18 kommen wir zur zweiten Bitte des Paulus. Wenn das, was zuvor gesagt wurde, nämlich dass Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohnt und wir in der Liebe verwurzelt und gegründet sind, Realität in deinem Leben ist, dann geschieht etwas Entscheidendes: dann bekommst du eine Fähigkeit, die wir jetzt hier in Vers 18 finden:

„Damit ihr völlig zu erfassen vermögt mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Höhe und Tiefe sei.“ (Epheser 3,18)

Das Wort „erfassen“ lässt sich auch mit „ergreifen“ übersetzen – im Sinn davon, sich etwas wirklich zu eigen zu machen. Stell dir vor, wir strecken unsere Hand aus, um das, was Paulus hier beschreibt, ganz persönlich zu ergreifen – damit es nicht nur Theorie bleibt, sondern unser Eigentum wird. Wenn wir tief verwurzelt und fest gegründet in der Liebe des Vaters stehen, dann sind wir bereit, das zu begreifen. Wenn Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohnt, dann sind wir tatsächlich fähig, diese Liebe zu erfassen, die alle Dimensionen übersteigt –  die Liebe Christi.

Diese Liebe hat alle heilsgeschichtlichen Absichten Gottes zur Erfüllung gebracht. Sie ist:

  • Breit, weil sie allen Menschen gilt – sowohl Juden als auch Heiden.
  • Lang, weil sie in die vergangene Ewigkeit reicht und bis in alle Ewigkeit bestehen bleibt.
  • Tief, weil sich Christus erniedrigte bis zum Tod – ja, bis zum Tod am Kreuz.
  • Hoch, weil sie uns mit dem auferstandenen und verherrlichten Christus in himmlische Regionen versetzt hat.

Ich frage dich:
Wie viel Zeit nimmst du dir, diese Tiefe der Liebe Christi zu erfassen?
Wie oft gehen deine Gedanken zum Kreuz?
Wie tief bist du ergriffen von dem, was dort geschah?

Dort hängt der Gerechte, der fehlerlose Sohn Gottes, als Lamm Gottesfreiwillig, für deine und meine Schuld. Er ließ sich unter dem Zorn Gottes zerschlagen, damit wir frei sind. Kennst du diese Tiefe?

Steig hinein in das, was das Wort Gottes darüber sagt. Lies Psalm 22, Psalm 69, Psalm 88, Psalm 89 – dort findest du die Empfindungen des leidenden Christus, prophetisch beschrieben.

Diese Liebe ist nicht nur tief – sie ist auch hoch: Sie führt dich in die direkte Gegenwart des liebenden Vaters, zum Thron der Gnade, zu etwas, das jetzt schon greifbar und schmeckbar ist. Frag dich:
Kennst du diese himmlische Realität?

Durch Glauben die Liebe Christi erfassen

Doch wer kann so eine Liebe völlig erfassen?
Genau das ist das Gebet des Paulus – dass du es kannst.
„Zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus.“ (Epheser 3,19)
Ein scheinbarer Widerspruch: Wie kann man etwas erkennen, das über Erkenntnis hinausgeht?

Die Antwort: Durch Glauben.
Der Glaube ist ein geistliches Sinnesorgan – eine Fähigkeit, das Unsichtbare zu sehen, das Unfassbare zu erfassen.
Glaubst du? Ist dieser Glaube in dir lebendig und aktiv?

Schaust du im Glauben auf deine Umstände und erkennst darin die Liebe des Vaters – einfach weil er es gesagt hat?

Gemeinsam die Liebe Christi erfassen

Und noch etwas fällt auf: Paulus schreibt, dass wir diese Liebe mit allen Heiligen erfassen sollen.  Das bedeutet: Es ist ein Gemeinschaftsprojekt.

Nur gemeinsam als Gemeinde können wir die ganze Fülle dieser Liebe erfassen.
Wir sollen sie so persönlich kennen wie Paulus, der sagte:
„Der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.“ (Galater 2,20)

Ich frage dich:
Sind unsere Gottesdienste Zeiten, in denen wir wachsen in der Erkenntnis dieser Liebe?
Bereiten wir unsere Herzen darauf vor, Gott zu begegnen?
Singen wir mit Herzen und Lippen vereint, so wie beim letzten Lied, wo die Gemeinde so kraftvoll sang?

Wenn wir, die die Auferstehungskraft Christi erlebt haben, gemeinsam diesen Gott anbeten, dann erleben wir etwas Wunderbares – etwas, das nur in Gemeinschaft möglich ist.

Lernen zu lieben, wie Christus liebt

Darum: Lerne, die Gemeinde zu lieben, so wie Christus sie geliebt hat – so sehr, dass er sich selbst für sie hingab. Denn nur in dieser Gemeinschaft können wir den vollen Umfang dieser Liebe begreifen.

Lasst uns dafür beten.  Lasst uns auf die Knie gehen, füreinander beten, damit wir gestärkt werden, um diese Liebe in ihrer ganzen Tiefe, Breite, Länge und Höhe zu erfassen.

Ich möchte dir ein Bild mitgeben:  Stell dir einen Luftballon vor. Wenn ich ihn einmal aufpuste – ist er gefüllt.  Aber ich kann ihn noch einmal aufblasen – mehr gefüllt, aber er war vorher schon voll.

So ist es auch mit dem Erfülltsein von Christus.  Du bist erfüllt – und doch kannst du noch mehr erfüllt sein. Und noch mehr. Und dafür brauchst du Stärke, damit es dich nicht zerreißt wie einen überfüllten Ballon.

Das ist mein Gebet für dich. Dass du wächst. Dass du verstehst. Dass du erfüllt wirst – immer mehr mit der Liebe des Christus, die alle Erkenntnis übersteigt.

Der Höhepunkt des Gebets: Gottes ganze Fülle in seiner Gemeinde

Jetzt kommen wir zur letzten Bitte im Gebet des Paulus – dem absoluten Höhepunkt. Ich verstehe nicht, warum die Verseinteilung an dieser Stelle so gesetzt wurde. Dieser Gedanke ist so gewaltig, er hätte einen eigenen Vers verdient:

„Damit ihr erfüllt sein mögt zur ganzen Fülle Gottes.“ (Epheser 3,19)

Verstehst du, was das bedeutet? Es ist schon großartig, dass wir mit Gott erfüllt sein können. Aber noch größer ist der Gedanke, dass wir mit der Fülle Gottes erfüllt sein können. Und unermesslich ist der Gedanke, dass wir mit der ganzen Fülle Gottes erfüllt sein können!

Paulus beschreibt hier das Ziel Gottes im Evangelium. Wenn wir als Gemeinde zur ganzen Fülle Gottes erfüllt sind, dann ist das genau das, was Gott von Anfang an beabsichtigt hat. Das ist das Endziel des Evangeliums: Der heilige, liebende Gott wohnt mit seiner ganzen Fülle inmitten seiner Gemeinde, die ein heiliger Tempel im Herrn ist.

Merkst du, wie besonders für Gott die Zeiten des Gottesdienstes sind? Spürst du, wie heilig solche Momente sind?

Aber was heißt es eigentlich, mit der ganzen Fülle Gottes erfüllt zu sein? Lass uns dazu drei Stellen in der Bibel anschauen, um den heilsgeschichtlichen Zusammenhang zu verstehen, den Paulus hier zu einem Höhepunkt führt.

2. Mose 40,34–35

„Da bedeckte die Wolke das Zelt der Zusammenkunft, und die Herrlichkeit des HERRN erfüllte die Wohnung. Und Mose konnte nicht in das Zelt hineingehen, denn die Wolke ruhte darauf, und die Herrlichkeit des HERRN erfüllte die Wohnung.“

Hier wurde die Stiftshütte fertiggestellt – das erste „Gotteszelt“ in der Wüste. Die Herrlichkeit Gottes kam, aber der Mensch konnte nicht bleiben. Die Gegenwart Gottes war zu heilig.

1. Könige 8,10–11

„Und es geschah, als die Priester aus dem Heiligtum hinausgingen, da erfüllte die Wolke das Haus des HERRN. Und die Priester konnten wegen der Wolke ihren Dienst nicht verrichten; denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das Haus des HERRN.“

Auch hier kam Gottes Herrlichkeit – und die Menschen mussten zurücktreten. Der Mensch war nicht heilig genug.

Salomo verstand das sehr gut. Er sagte in 1. Könige 8,27:

„Aber sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, die Himmel und die Himmel der Himmel können dich nicht fassen – wie viel weniger dieses Haus, das ich gebaut habe!“

Das ist das Problem: Wenn Gottes Herzenswunsch immer war, mit seiner ganzen Fülle inmitten seines Volkes zu wohnen – wie soll das gehen, wenn kein Ort ihn fassen kann und der Mensch nicht heilig genug ist?

Kolosser 1,19 & 2,9–10

Jetzt schauen wir in den Kolosserbrief, wo Paulus diesen Gedanken weiter entfaltet.

„Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen.“ (Kolosser 1,19)
„Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig.“ (Kolosser 2,9)
„Und ihr seid zur Fülle gebracht in ihm.“ (Kolosser 2,10)

Hier ist die Lösung: Nicht in einem steinernen Haus wohnt Gott, sondern in Christus, dessen Leib der wahre Tempel ist. In Christus wohnt die ganze Fülle Gottes – leibhaftig. Und weil wir in Christus sind, sind wir selbst zur Fülle gebracht in ihm.

Verstehst du, was das bedeutet? Das darf in unserer Mitte geschehen! Das ist das Ziel Gottes – das Ziel, das er sich in der Ewigkeit vorgenommen hat und jetzt in seiner Gemeinde vollendet.

Kennst du das? Kennst du dieses gemeinschaftliche Erleben der Gegenwart des heiligen Gottes in unseren Gottesdiensten? Und wenn nicht – warum beten wir nicht mehr darum?

Warum gehen wir nicht öfter auf unsere Knie? Diese Botschaft hat mich tief getroffen. Ich bin neu auf die Knie gegangen – weil es dringend ist. Nicht um für äußere Umstände zu beten, sondern um den inneren Menschen – dass Gott seine heilsgeschichtlichen Verheißungen in uns als Gemeinde erfüllt.

„Damit ihr erfüllt sein mögt zur ganzen Fülle Gottes.“

Das ist der Höhepunkt. Das ist das Ziel. Und es darf in deinem Leben, in unserer Mitte Wirklichkeit werden.

Auf die Knie – für das, was Gott unter uns tun will

Kennst du das gemeinsame Erleben der heiligen Gegenwart Gottes in unseren Gottesdiensten? Wenn nicht – warum betest du nicht mehr dafür? Warum gehst du nicht auf die Knie? Diese Fragen bewegen mich sehr.

Es ist dringend. Wir müssen auf die Knie gehen, die äußeren Dinge einen Moment beiseite lassen – und beten: Für den inneren Menschen. Für die Vollendung der heilsgeschichtlichen Verheißungen, die Gott an uns als Gemeinde gegeben hat.

Lass uns konkret werden: Bete für jemanden, den du kennst, der in Not ist. Lerne so zu beten, wie es dem Evangelium entspricht. Es gibt keine bessere Bitte, die du vor Gott bringen kannst, als die, die in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes ist. Wenn Gott das will – stimme du in dieses Gebet ein.

Warum? Damit seine ganze Fülle mitten unter seinem erlösten Volk wohnt – unter Juden und Heiden vereint in Christus. Das alles zum ewigen Lobpreis der Herrlichkeit seiner Gnade. Wenn du vor so einer göttlichen Höhe stehst, musst du dich fragen: Wie kann das Wirklichkeit werden?  Die Antwort gibt uns Paulus:

„Dem aber, der über alles hinaus zu tun vermag, über die Maßen mehr als was wir erbitten oder erdenken, nach der Kraft, die in uns wirkt.“ (Epheser 3,20)

Paulus erschafft dafür ein neues Wort: „über die Maßen mehr“ – weil das, was Gott tun kann, selbst das Höchste übersteigt, was wir uns vorstellen. Und diese Kraft wirkt in uns.

„Ihm sei die Herrlichkeit in der Gemeinde und in Christus Jesus“ – in dem, in dem die Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt und in dem wir zur Fülle gebracht werden können.

Und das gilt nicht nur für uns – es gilt für alle Generationen. Euch Jüngere frage ich: Nehmt ihr das mit? Ist das euer Lebensziel? Dieses Geheimnis Gottes bleibt bestehen – von Zeitalter zu Zeitalter, bis in alle Ewigkeit.

Wir werden die Fülle Gottes in der Mitte seines Volkes erlebenfür immer.

Wie wunderbar ist dieses Gebet des Paulus!
Wie großartig ist dieser Gott, der uns so sehr liebt – der all das in Christus getan hat, damit er jetzt in unserer Mitte erlebbar wird.

Zum Schluss ein Vers, den du mitnehmen kannst – zum Nachdenken zu Hause:

„Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn offenbaren, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen sei und ich in ihnen.“ (Johannes 17,26)

Dieser Vers ist tief. Er bedeutet:
Wenn die Liebe des Vaters zum Sohn in uns ist, dann lieben wir den Sohn so, wie der Vater ihn liebt.
Und: Wir erleben die Liebe des Vaters so, wie Jesus sie erlebt hat.

Nimm das mit. Denk darüber nach.
Es ist hoch. Es ist tief. Es ist breit. Es ist lang.
Und das Atemberaubende daran: Es ist möglich.

Jetzt feiern wir gemeinsam das Abendmahl. Und das passt vollkommen.
Denn beim Essen und Trinken dieser Elemente berühren und schmecken wir die Liebe Christi. Möge der Geist uns dabei die ganze Größe der Gnade Gottes offenbaren.

Warum hat Gott uns das Abendmahl gegeben? Nicht nur zum Erinnern – sondern damit die Wahrheiten Wurzeln schlagen in unseren Herzen. Wir nähren uns von Christus selbst – um gestärkt zu werden am inneren Menschen.